Begegnungen

Bei einem meiner Besuche auf dem Friedhof traf ich einen Mann, der seinen Zwillingsbruder verloren hat. Er war Sinti und beide Brüder waren im Krieg im KZ. Nur durch einen Zufall entgingen sie dem Teufel Mengele, weil der Zug aus irgendeinem Grund umgeleitet wurde und sie in ein anderes KZ kamen, weit weg von ihm.


Später las ich bei Elisabeth Kübler-Ross, dass die Kinder im KZ mit ihren Fingernägeln Schmetterlinge in die Wände kratzten, bevor sie in die Gaskammern geführt wurden. Seitdem haben Schmetterlinge, außer der Tatsache, dass sie schön sind, was ich schon wusste, eine besondere Bedeutung für mich bekommen. Elisabeth Kübler-Ross vergleicht den Übergang vom Leben zum Tod mit der Metamorphose der Raupe zum Schmetterling, von einer Daseinsform zu einer anderen Daseinsform.

 

Ich bin von Haus aus skeptisch, aber die Geschichte eines blinden Mannes, der tot war, reanimiert wurde und anschließend Details wie z.B. das Muster der Krawatte des Arztes, der ihn zurückgeholt hatte beschreiben konnte, die er als Blinder ja unmöglich gesehen haben konnte, hat meine Seele berührt und mich getröstet. Ich konnte für einen Moment die Wahrheit dieser Geschichte spüren und sie hat mich froh gemacht. Wenn das wahr ist, sind unsere Lieben nach dem Übergang unversehrt und gesund, in diesem Fall nicht mehr blind und sie existieren weiter. Was für eine ungeheuer tröstliche Vorstellung. Ich ahne, dass darin für mich die Möglichkeit liegt, die Katastrophe, die der Tod von Fynn für mich war, zu überleben. Die Geschichte wird auf der

Doppel-CD - Elisabeth Küber-Ross: Leben und sterben. 

Verlag: Die Silberschnur ISBN: 3-896-082-1 erzählt. 

 

Fynn wird immer Schmetterlinge auf seinem Grab haben, weil sie  für mich jetzt den Übergang symbolisieren.

In meinem Garten begegnete mir neulich ein klitzekleiner Igel. Er lief über die Terrasse und schnurstracks in den Komposthaufen. Ein schlauer kleiner Kerl, da ist es sicher warm und mein Fallobst liegt dort auch. Another day in paradise :-) Wie gerne hätte ich Fynny den kleinen Kerl gezeigt, wie vieles andere auch. Ich glaube, das weiß er. 

Das ist Quentin, der klitzekleine Hund von Fynnys Patentante Tanja. Klitzeklein mag ich gerne.

Kurz vorm Jahresende 2009 begegnete mir ein neugeborenes Baby, der kleine Sohn der Tochter meiner Freundin Jeanette, Eren heißt er. Der Verlust meines eigenen Babys schmerzt noch immer sehr und der Besuch bei dem kleinen neuen Erdenbürger auf der Intensivstation rief natürlich Erinnerungen wach, aber ich konnte mich an dem süßen kleinen Wesen freuen. Klitzeklein mag ich einfach, wusste ich doch :-)


Ich hatte mir wegen des Schmerzes, den ich kurz nach Fynnys Tod empfand, Sorgen gemacht.  Ich dachte ich bin nicht mehr ganz normal, weil ich Eifersucht auf alle empfand, die ihre Babys behalten durften. Mein Glück war, dass eine einfühlsame Therapeutin zugegen war, die mir sagte, was die Eifersucht zu bedeuten hat. Sie bedeutet nicht, dass man den anderen ihr Glück nicht gönnt, sie bedeutet dass ich Schmerz empfinde, weil ich selbst dieses Glück nicht mehr haben darf.


Ich bin sehr sehr dankbar für diesen Satz, er hat mich mehr als einmal gerettet und meinen Verstand wohl auch.